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Kayar, grösster Pirogenhafen im Senegal (Studer/fair-fish)

 

Europäische Fangschiffe operieren zunehmend in fremden Meeren. Denn sie haben die europäischen Meere seit den 1950er Jahren praktisch leergefischt. Schon 88 Prozent der europäischen Fischbestände sind laut EU-Kommission (2009) erschöpft. Der Fang in fremden Gewässern wird in der Regel durch Fischereiabkommen geregelt; nicht immer zum Vorteil der Länder in andern Kontinenten.

Die EU unterhält mit zahlreichen Entwicklungsländern Fischereiabkommen. Für Zahlungen der EU in der Höhe von einigen Millionen Euro pro Jahr erhalten europäische Schiffe das Recht, im Meeresgebiet des betreffenden Landes eine bestimmte Menge Fisch zu fangen. Die Abkommen enthalten in der Regel Bestimmungen zur Förderung der lokalen Fischerei und Verarbeitung im betreffenden Land. Sie erwecken damit den Anschein entwicklungspolitischer Korrektheit. In der Praxis sind die damit ausgelösten Massnahmen aber oft Augenwischerei. Von einer Entwicklung hin zur autonomen Bewirtschaftung der nationalen Fischbestände durch die lokale Branche kann keine Rede sein. Das wirkliche Ziel dieser Abkommen ist es, europäischen Fangschiffen Zugang zu fremden Ressourcen zu verschaffen.


Raubbau auch ohne EU-Fischereiabkommen

Mit der Republik Senegal unterhielt die EU jahrzehntelang ein Fsichereiabkommen. Dessen Erneuerung scheiterte 2006, weil die senegalesischen Fischer von ihrer Regierung bessere Bedingungen verlangten. Nachdem die EU nicht entgegenkam, besteht heute ein vertragsloser Zustand. Einzelne EU-Staaten haben mit Senegal eigene Abkommen abgeschlossen, die freilich noch unvorteilhafter für die lokalen Fischer sind. Zudem hat die Regierung zum Teil geheime Abkommen mit Staaten ausserhalb der EU abgeschlossen, welche die Fischer zu Protesten veranlassten. War schon zu Zeiten der EU-Abkommen unklar, wohin das Geld eigentlich floss, herrscht nun unter der quasidiktatorischen Regierung des greisen Abdoulaye Wade vollkommene Dunkelheit.

Dass europäische Schiffe in fernen Meeren fischen, dient nicht nur der Versorgung Europas mit Fisch, sondern soll den heimischen Industriellen vor allem ihr eigenes Geschäft sichern. So sind Fälle bekannt, in welchen etwa deutsche Schiffe vor Maurentanien fischen, um den Fang dann in afrikanische Ländern zu verkaufen. Sie liefern zu Preisen, die unter den Kosten der afrikanischen Kleinfischer liegen. Was bisher die Afrikaner unter sich ausgehandelt hatten, nährt nun Unternehmer und Arbeiter im Norden.

Gaoussou Gueye, der Gneeralsekretär des Verbandes der westafrikanischen Kleinfischer, bringt es auf den Punkt: Zu kolonialen Zeiten hat man die Afrikaner wenigstens noch das Rohprodukt erarbeiten lassen; in nachkolonialen Zeiten nimmt man ihnen sogar das noch weg. Doch Gueye ist nicht grundsätzlich gegen Fischereiabkommen mit der EU – falls sie nicht nur um auf dem Papier «partnerschaftlich» und «nachhaltig» sind. Die schlimmste Ausbeutung ortet er nicht bei der Fischerei unter EU-Regelung, sondern bei den Aktivitäten russischer, chinesischer und koreanischer Fangflotten. Die fischen zum Teil dank geheimen Abkommen mit Ministern, welche das Geld ohne jede Kontrolle verschwinden lassen.

«Externe Dimension» der EU-Fischereipolitik

Im EU-Chargon heisst alles, was die Fischerei ausserhalb EU-Gewässern betrifft, «externe Dimension» der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP). Sie ist auch ein Thema bei der laufenden GFP-Reform, die eine Antwort auf Kritiken in- und ausserhalb Europas geben muss. Ein Beispiel: Bisher war in den Fischereiabkommen festgelegt, dass ein Viertel der EU-Zahlungen zum Aufbau der lokalen Fischerei verwendet werden soll. Die Fischereiminister der EU haben sich im März darauf geeinigt, dass dieser Betrag künftig fix festgelegt werden soll, unabhängig von der Höhe der Zahlungen für die Fischereirechte. Das mag ein kleiner Fortschritt sein, ändert aber nichts daran, dass die Entwicklung von aussen auferlegt wird, von Staaten und Unternehmen, die nur daran interessiert sind, möglichst viel Fisch von den Entwicklungsländern zu bekommen.

Die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Fisch gerät dabei weitgehend ausser Betracht. Dabei sind viele Völker des Weltsüdens dringender auf die Eiweissquelle Fisch angewiesen als die Völker Europas.  Denn anders als wir im Norden können sie sich Fleisch kaum leisten.

Die grüne Abgeordnete Isabella Lövin (Schweden) hat in der Fischereikommission des Europäischen Parlaments einige Forderungen eingebracht, welche den Schaden begrenzen sollen. Denn sie befürchtet, dass die abnehmenden Fischbestände in den Ländern des Südens dazu führen, dass europäische Fischereinationen versuchen, ausserhalb von EU-Fischereiabkommen aktiv zu werden. Dadurch würde die Nachhaltigkeit der Fischerei erst recht in Frage gestellt.

Lövin verlangt, dass die EU die Kontrolle über alle Aktivitäten von europäischen Fangschiffen in fremden Meeren haben müsse. Die konservative spanische Abgeordnete Carmen Fraga kritisierte Lövin für ihre wenig «liberale» Haltung. Sie verlangte ihrerseits, dass europäische Schiffe weniger für den Fang in fremden Gewässern zahlen sollen, weil sie sonst nicht wettbewerbsfähig seien mit den Fleeten aus China, Russland, Japan, Korea usw. Im Klartext: die EU soll den Löwenanteil der gebühren bezahlen – wahrhaft eine «liberale» Haltung

 

Partnerschaftlich kann nur heissen: Entwicklung fördern

Durch Diskussion über Vertragsbedingungen mit Drittstaaten lässt sich das Problem offensichtlich nicht lösen. fair-fish hat daher schon zu Beginn der laufenden GFP-Reform vorgeschlagen, dass Länder ausserhalb der EU ihre Fischgründe grundsätzlich selber nutzen sollen. Europäische Fangschiffe haben dort nichts zu suchen.

Wenn die EU die Entwicklung der Fischerei und der Verarbeitung in dies Ländern fördern will, soll sie das aus Solidarität tun und nicht aus Eigeninteresse. Anstatt Millionen auszugeben für die Fangrechte europäischer Fischindustrieller in fremden Meeren, müsste die EU den Ländern im Weltsüden mithelfen, eigene Infrastrukturen für Anladung und Kühlung, Systeme für Kontrolle und Überwachung, Institute zur Erforschung der Fischbestände und Qualitätssicherung aufzubauen.

Um Devisen zu erwirtschaften, werden die Länder des Südens den Fisch, den sie nicht selber benötigen, gerne in den europäischen Markt exportieren – aber sie sollen es aus freien Stücken tun, in Eigenregie und auf Augenhöhe – und nicht in alten kolonialen Verhältnissen.

Eine Bewegung in dieser Richtung ist bisher leider nirgends erkennbar.


Quellen:
– Fischereikommission des Europäischen Parlaments
– Details dazu (Lövin)
– Ende Abkommen EU-Senegal (dort Seite 6)
– Vorschläge fair-fish zur GFP-Reform

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