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Thunfischarten, von oben nach unten: Weisser Thun ( Thunnus alalunga),
Atlantischer Blauflossenthun ( Thunnus thynnus ), Echter Bonito ( Skipjack, Katsuwonus pelamis) , Gelbflossenthun ( Thunnus albacares), Grosaugenthun ( Thunnus obesus ).
(Grafik: NOOA Fishwatch/Wikimedia Commons)

 
 
Der international renommierte japanische Sushi-Meister Jiro Ono ist überzeugt, dass sich die Bestandteile von Sushi in wenigen Jahren verändern werden. Er bezieht sich damit vor allem auf den Blauflossenthun, der immer knapper wird.
 
Tatsächlich muss man sich Sorgen machen um die ihrer Fleischfarbe wegen auch «Roter Thun» genannten drei Arten, die allesamt auf der Roten Liste der internationalen Naturschutzorganisation (IUCN) erscheinen. Die südliche Art (Thunnus maccoyii) gilt als vom Aussterben bedroht (zweitschlimmste Stufe) und jene des Atlantiks und des Mittelmeees (T. thynnus) als stark gefährdet (dritte Stufe). Seit vergangenem November figuriert nun auch der Pazifische Thun (T. orientalis) auf der Roten Liste, auf dessen viertschlimmsten Stufe «verwundbar». Die Bestände der Pazifischen Art sind inzwischen auf vier Prozent der einstigen Grösse geschrumpft. Besonders krass ist dabei der Mangel an fortpflanzungsfähigen Tieren, da die meisten Jungtiere das erforderliche Alter von drei Jahren gar nicht mehr erreichen – wegen der zu starken Befischung, aber auch, weil eine wachsende Zahl von jungen Roten Thunfischen für die Mast in Käfignetzen gefangen wird. Diese Mast ist der irrwitzige Ausweg, mit dem die Industrie der Verknappung der Wildbestände zu begegnen versucht, nachdem eine echte Zucht von Blauflossenthunfischen bis heute bestenfalls im Labor gelungen ist.
 

Links: Pazifischer Blauflossenthun zusammen mit Bonitos
Rechts: Zucht von Atlantischem Blauflossenthun im Netzkäfig

(Foto links: Gerick Bergsma, rechts: Marco Carè, beide: MarinePhotobank.org)

 

Andere Thunarten als Ausweg?
 
Wir können also nicht einfach weiter Roten Thun essen, als wär alles in Ordnung. Also auf andere Thunarten ausweichen? Wie wär’s mit Grossaugenthun (T. obesus)? Der gilt als verwundbar. Oder der weisse Thun (T. alalunga)? Potenziell gefährdet (fünftschlimmste Stufe). Gleiches gilt auch für den Gelbflossenthun (T. albacares), wenn auch einzelne seiner Bestände noch gesund sind. Einzig die Bestände der kleinen Thunfischarten sind noch einigermassen intakt, das gilt für den Echten Bonito (Skipjack, Katsuwonis pelamis), den Pelamiden (Sarda sarda) und den Falschen Bonito (Euthynnus alletteratus).
 
Auf Gelbflossenthun und auf die kleinen Thunarten aus noch gesunden Beständen wird nun vermehrt Jagd gemacht. Diese Fänge können für Labels wie MSC oder Friend of the Sea zertifiziert werden. Das ist praktisch für Anbieter von Gerichten mit Thun (Pizze, Sandwiches, Salate bis hin zu Sushi). Und es ist gut furs Gewissen der Konsument/innen. Aber ist es auch gut für die Bestände dieser Arten?
 
 
Kein Fisch kann einen andern ersetzen
 
Kleines Gedankenerxperiment: Wir ersetzen den ganzen Konsum von Blauflossen-, Grossaugen- und weissem Thun durch Gelbflossen- und kleine Thunarten. Was passieren wird, liegt auf der Hand: auch bisher gesunde Bestände werden durch zunehmende Befischung gefährdet.
 
Also Thunfisch durch ganz andere Arten ersetzen? Es böte sich zum Beispiel die den Thunfischen weitläufig verwandten Makrelenarten an, die in grossen Schwärmen leben und deren Bestände als nicht gefährdet gelten. Noch nicht gefährdet, um genau zu sein, Denn Makrelen sind ein beliebtes Ziel der auf Futterbeschaffung spezialisierten Fischerei, zum Beispiel vor Marokko. Je mehr Fischzuchten entstehen, desto mehr steigt die Nachfrage nach Fischmehl und Fischöl; letzteres ist zudem zunehmend gefragt für Nahrunsgergänzungsmittel (Omega-3). Die Makrelenbestände stehen bereits unter erheblichem Befischungsdruck.
 
Und so weiter. Wir können jede beliebige Fischart durch eine andere ersetzen, nur um am Ende festzustellen: mehr Fisch gibt der Planet nicht her.
 

Links: Thunfische auf dem Markt in Tokyo.– Rechts: Mit Handleinen gefangene Grossaugen- und Gelbflossenthun in General Santos City, dem wichtigsten Thunfischmarkt der Philippinen.
(Foto links: Sarah Carr, rechts: Eleanor Partridge, beide: MarinePhotobank.org)

 

Fischzucht stösst an Grenzen
 
Der Pro-Mensch-Konsum von Fisch nimmt Jahr für Jahr um ein bis zwei Prozent zu. Zusätzlich wächst die Zahl der Menschen jährlich um gut ein Prozent. Die Menschheit verlangt also jedes Jahr zwei bis drei Prozent Fisch mehr auf den Tisch.
Die meisten Fischbestände werden heute bis an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit oder bereits darüber hinaus befischt. Praktisch alle heute im Handel angebotenen Fischarten liegen in ihren Beständen weit unter den ursprünglichen natürlichen Grössen. Deswegen stagnieren die globalen Fangerträge seit den 1990er Jahren bei etwa 90 Mio. Tonnen pro Jahr, von denen 22 Mio. Tonnen zu Fischmehl oder Fischöl verrabeitet werden.
Die Aquakultur wächst zwar seit den 1950er Jahren um sieben bis neun Prozent pro Jahr und liefert heute 67 Mio. Tonnen und damit jeden zweiten Fisch auf den Tisch. Doch das Wachstum stösst an seine Grenzen. Fischmehl wird knapper und teurer; einige Futterfischbestände sind bereits überfischt. Zumindest für die Zucht von Raubfischen (Thun, Lachs, Forelle, Dorade, Wolfsbarsch, Garnelen usw.) wird es eng.
 
 
Eine andere Fischereipolitik einleiten
 
Nicht Fischzucht ist die Hoffnung, sondern eine andere Art der Fischerei. Wenn wir heute die Befischung, also unseren Fischkonsum um die Hälfte reduzieren, können sich die Bestände erholen; einige brauchen dazu vier, fünf Jahre, andere länger. Danach können bis zu 60 Prozent mehr Fische gefangen werden als heute, sofern nur noch nachhaltig gefischt wird. Diese grösseren Fänge werden den Ertrag aus Fischzuchten weitgehend ersetzen, zumal die Fänge dann vollumfänglich für den menschlichen Konsum zur Verfügung stehen.
 
Der erste Schritt zu dieser vernünftigen Fischereipolitik heisst: maximal 1x Fisch im Monat. Kein Mensch wird deswegen Mangelerscheinungen erleiden, wenn er sich vernünftig ernährt – bei unvernünftiger Ernährung jedoch können wir noch so viel Fisch in uns hineinstopfen,  die angeblich so entscheidenden Omega-3-Fettsäuren kommen doch nicht in unserem Stoffwechsel an.
 

Links: Fang eines Gelbflossentuns mit dem Speer.– Rechts: Industrieller Fang mit Ringwadennetz.
(Foto links: Fiona Ayerst, rechts; Wolcott Henry, beide: MarinePhotobank.org)

 

 
 

Exkurs Thunfischerei: Hort alter Politik

 
Jiro Ono und andere vernünftige Sushi-Anbieter haben die Zeichen verstanden und vollziehen schrittweise die notwenige Veränderung – bis hin zu ersten Sushi-Bars, die ganz auf vegetarische Häppchen setzen.
Viele in der Branche sind leider bei weitem noch nicht so weitsichtig wie Ono. Und so geht die Jagd nach Blauflossenthun weiter, um eine unverantwortliche Nachfrage zu decken – und um dabei tüchtig Kohle zu machen. Denn bei Thun und vor allem bei Rotem Thun geht es um mehr Geld als bei jeder andern Art. Das ist wohl auch der Grund, warum sich Vernunft hier so langsam durchsetzt, obschon die Fangindustrie im ureigensten Interesse vernünftig entscheiden müsste.
 
Die in der Fischereikommission für den westlichen und zentralen Pazifik (WCPFC) versammelten Nationen hatten sich zwar am 5. Dezember in Samoa darauf geeinigt, die Fangquoten für den Pazifischen Thunfisch zu reduzieren, und zwar auf die Jahresfangmengen vor zehn Jahren. Gleichzeitig wurde beschlossen, den Fang von jungen Thunfischen (unter 30 kg Gewicht) auf die Hälfte der Fangzahlen vor zehn Jahren zu senken.
 
Doch am Schlusstag der Versammlung wurde alles wieder verwässert. Die WCPFC-Verhandlungen wurden plötzlich unter Ausschluss der Medien zuende geführt. Die Philippinen und Korea weigerten sich, Schutzmassnahmen zugunsten der Grossaugen- und der Gelbflossenthunfische und der Bonitos zuzustimmen. Und Hochseefangnationen wie China, Japan, Korea und Taiwan weigerten sich, ihre Fangdaten den Wissenschaftern der Kommission zu unterbreiten. Zurückgewiesen wurde zudem der Vorschlag der Gemeinschaft der Pazifik-Inselstaaten, die Fischerei in internationalen Gewässern mit Fischanziehungsgeräten (Fish aggregating devices FAD) zu beschränken. Es ist anzunehmen, dass die Inselstaaten daher das Fischen in ihren Gewässern künftig nur noch Staaten erlauben werden, welche sich an die vorgeschlagene FAD-Reduktion halten.
 
Die für den tropischen Ostpazifik zuständige interamerikanische Thunfischfangkommission (IATTC) hatte bereits im Oktober 2014 beschlossen, die Fangquoten in einem ähnlichen Umfang zu drosseln, wie es der WCPFC im Dezember beschloss.
 
Demgegenüber beschloss die Kommission für den Schutz der Atlantischen Thunfische (ICAAT) im vergangenen November in Genua, die Fangquote für den Blauflossenthun trotz Gefährdungsstatus zu erhöhen, da sich die Bestände etwas erholt hätten. Während der nächsten drei Jahre soll die Quote um knapp 20 Prozent pro Jahr steigen. Auch die Quote für den westatlantischen Bestand wurde angehoben. Dass sich die Bestände auf diese Weise niemals wirklich erholen können, ist offensichtlich. Aber solange der Yen rollt, scheint das nur Naturschützer zu stören
 
 
 
Quellen zu Thun:
• fish-facts 8: «Thunfische»
 
Quellen zum Fischkonsum:
• fish-facts 5 «Wieviel Fisch?»
 
 
 

 

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